Lesbarkeit von Webseitentexten

Die Lesbarkeit von Texten im Internet beeinflusst die Verweildauer auf Webseiten. Sie erhöht die Usability und überhaupt die Nützlichkeit einer Seite und ist daher auch für die SEO interessant: Die Verweildauer ist ein Rankingfaktor, den Google-Algorithmen direkt messen. Es gibt Tools zur Messung der Brauchbarkeit von Texten und sogar Lesbarkeitsindizes. Deren Bedeutung steigt mit der Zunahme der mobilen Internetnutzung, denn auf dem Smartphone lesen wir anders.

Tools für die Messung der Lesbarkeit

Fleschindex

Flesch-Kincaid-Grade-Level

Gunning-Fog-Index

Wortliga

Es ist zu beachten, dass diese Tools nicht unumstritten sind. Andererseits haben sie ihre Berechtigung, denn es gibt bekanntermaßen eher gut lesbare und eher schlecht lesbare Texte. Zudem setzt Google möglicherweise in seinen Algorithmen einen oder mehrere solche Indizes ein und lässt die Ergebnisse ins Ranking einfließen. Das weiß niemand genau, ganz unwahrscheinlich ist es aber nicht. Daher und allein schon wegen des unumstrittenen Rankingfaktors der Verweildauer kommt niemand, der sich ernsthaft mit SEO befasst, an diesem Thema vorbei: Onlinetexte müssen leserfreundlich geschrieben werden.

Was gehört prinzipiell zur Lesbarkeit?

Es gehören dazu die Textverständlichkeit unabhängig von der visuellen Darstellung des Textes, doch auch die Schriftart und -größe sowie die farbliche Einbindung von Texten spielen selbstverständlich eine Rolle. Diese Faktoren messen die oben zitierten Tools nicht, Webdesigner müssen aber daran denken. Weiße Schrift auf schwarzem Grund oder rote Schrift auf grünem Grund wirken auf den ersten Blick optisch schick, aber niemand liest das gern. Rot-grüne Kombinationen können manche Menschen wegen einer Sehschwäche gar nicht erkennen.

Für die Beurteilung der Verständlichkeit eines Textes unabhängig von seiner optischen Erscheinung und in Teilen auch unabhängig davon, ob er gesprochen oder gedruckt/geschrieben wird, gibt es mathematische Verfahren, welche die oben zitierten Tools anwenden. Achtung: Es gibt verschiedene Verfahren, keines gilt als perfekt. Dass man einen Text mathematisch beurteilen kann, wirkt für technikaffine Personen faszinierend, doch es gibt keine exakte Wissenschaft der Textbeurteilung per Mathematik.

Dies sind in Teilen gute Ansätze, aber nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Zudem können sich eine gute Textverständlichkeit und der effiziente Transport von Inhalten widersprechen. Ein Beispiel:

  • Variante 1: Gestern geriet ich in Zeitverzug, weil ein unvorhersehbares Ereignis, das ich hätte einplanen können, aber nicht einplanen wollte (schon der Gedanke war mir im Vorfeld zuwider), nun doch eintrat.
  • Variante 2: Gestern geriet ich in Zeitverzug. Es kam mir ein unvorhersehbares Ereignis dazwischen. Ich hätte zwar damit rechnen können. Ich hätte das Ereignis also einplanen können. Dann hätte ich auch mit dem Zeitverzug gerechnet. Doch ich wollte das Ereignis nicht einplanen, denn schon der Gedanke war mir zuwider. Ich hatte vorher mit Abscheu über das mögliche Ereignis nachgedacht. Wider Erwarten trat es nun doch ein. Das erzeugte meinen Zeitverzug.

Die Variante 2 ist laut diversen mathematischen Lesbarkeitsindizes lesefreundlicher, weil sie keine Nebensätze und schon gar keine eingeklammerte Verschachtelung wie die Variante 1 enthält. Doch die Variante 2 ist auch länger und demotiviert den Leser, weil sie langatmig wirkt. In so einem Fall bringt also der mathematische Lesbarkeitsindex nichts.

Was bewerten die Lesbarkeitsindizes?

Die Tools bewerten unter anderem diese Kriterien:

  • Haupt- und Nebensätze: Zu viele Nebensätze und Verschachtelungen senken die Lesefreundlichkeit.
  • Satzlänge: Kürzere Sätze sind besser als lange.
  • Wortlänge: Kurze Wörter sind besser als lange.
  • Fachbegriffe und Fremdwörter: Zu viele Fachbegriffe und Fremdwörter senken die Lesefreundlichkeit. Dabei kommt es darauf an, wie geläufig diese Begriffe und Wörter in der Zielsprache sind. Das Wort „User“ ist ein geläufiger Begriff, das Wort „Accessibity“ (Zugänglichkeit) eher nicht. Des Weiteren hängt die Verwendung von Fachbegriffen und Fremdwörtern vom Textinhalt ab. In Fachtexten sind sie eher erlaubt.
  • Strukturierung von Texten: Texte sollen für eine hohe Lesefreundlichkeit Absätze, Abschnitte, Aufzählungen und Zwischenüberschriften enthalten.
  • Semantik: Texte sollen mit bedeutsamen Begriffen operieren, die den Inhalt prägnant darstellen. Sie sollen im Übrigen ein Thema abschnittsweise erschöpfend behandeln, also nicht zwischen einzelnen Aspekten springen und auch nicht „vom Hundersten ins Tausendste“ kommen.

Nicht jeder Lesbarkeitsindex bewertet alle diese Kriterien, manche bewerten zusätzliche. Die Kriterien werden zudem unterschiedlich stark gewichtet. Das hängt auch von der Zielstellung ab. Es gibt unter anderem Indizes, die speziell für journalistische Texte entwickelt wurden.

Woher stammen die Lesbarkeitsindizes?

Sie sind keine Erfindung des Onlinezeitalters und der SEO, sondern stammen größtenteils aus dem 20. Jahrhundert. Der Flesch-Reading-Ease-Index(FRE) wurde von Rudolf Flesch nach 1940 entwickelt. Das Hamburger Verständlichkeitskonzept stammt aus den frühen 1970er-Jahren. Sein Ziel war damals die Vereinfachung der Behördensprache für alle (auch weniger gebildete) Bevölkerungsgruppen. Zu beachten ist zudem, dass manche Indizes zunächst für andere Sprachen entwickelt und dann auf das Deutsche übertragen wurden, was als problematisch gelten muss.

Beispiele für Lesbarkeitsindizes

  • Flesch-Reading-Ease-Index: Dieser Klassiker berücksichtigt die beiden Kennzahlen der durchschnittlichen Satzlänge (average sentence length oder ASL) und der durchschnittlichen Silbenzahl pro Wort (average number of-syllables per word oder ASW). Es handelt sich um einen zunächst für die englischen Sprache entwickelten Index, der wegen seiner Einfachheit sehr beliebt ist. Er wurde allerdings an andere Sprachen angepasst. Seine Formel für das Deutsche lautet FRE = 180 – ASL – 58,5 x ASW, wobei Werte ab 60 als gut gelten. Ein hoher FRE zeigt eine hohe Lesefreundlichkeit an. Werte ab 90 sollten auch 11-jährige Schüler gut verstehen. Werte unter 30 verstehen nur noch Akademiker.
  • Flesch-Kincaid-Grade-Level: Der Index aus den 1970er-Jahren orientiert sich am älteren Flesch-Index, er gewichtet allerdings die einzelnen Faktoren anders. So hat die Satzlänge eine höhere Bedeutung. Auch differenziert der Flesch-Kincaid-Index noch stärker nach Altersgruppen. Seine Formel lautet FKGL = 0,39 x ASL + 11,8 x ASW – 15,59.
  • Gunning-Fog-Index: Dieser zunächst für das Englische entwickelte Index stammt aus den frühen 1950er-Jahren und stammt vom Unternehmer Robert Gunning. Im Managementbereich ist er sehr beliebt, man zieht ihn unter anderem zur Beurteilung von Geschäftsberichten heran. Seine Kennzahlen sind die jeweilige Zahl von Wörten und Sätzen in einem Text sowie die Zahl an „komplexen Wörter“ (mindestens drei Silben). Die Formel lautet GFI = 0,4 x [(W/S) + 100 x (D/W)]. Es ergeben sich Werte zwischen 6 für einen Sechstklässler und 17 für einen Akademiker.

Fazit

Lesefreundlichkeit lässt sich durchaus messen, doch diese Messungen sind keine exakte Wissenschaft. Es ist dennoch nützlich, wenn Webmaster diesen Aspekt im Auge behalten.

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