SEO: Ist die Zeit sprechender Urls vorbei?

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von Matthias Gläßner    13 Kommentare SEO

Bis vor wenigen Jahren galten sprechende Links als wichtiger Baustein jeder SEO Maßnahme. Diese sollten aufgrund der Keywords in der URL besser ranken, sollten benutzerfreundlicher sein und einfach besser aussehen. Das taten sie auch. Kein großes CMS kam ohne Speaking URL Möglichkeit daher und wer lediglich dynamische Parameter-URLs verwendete, galt als altmodisch und rückständig. Diese Zeit ist vorbei und wir erleben eine Renaissance der einfachen Parameter-URLs.

Was sind sprechende Links?

In den Anfangszeiten des Internets gab es zwei leicht voneinander zu trennende Website-Arten: die statischen und die dynamischen. Die statischen Websites bestanden aus reinen HTML-Seiten, die in einer bestimmten Verzeichnisstruktur angelegt waren. Die dynamischen Seiten bestanden meist aus einer index.php Datei, an die - je nach Seite - bestimmte Variablen angehängt waren (beispielsweise eine id).

TYPURL Beispiel
HTML Seiten/fotos/2013/karibik.html
Dynamische Seitenindex.php?id=fotos&foto=428516
Dynamische Seiten Sonderformplus.google.com/117882992317006615337/posts
Sprechende Links/fotos/2013/karibik.html
Sprechende Links Sonderform/fotos/2013/karibik.428516.html

Die Großen machen es vor

Angefangen haben große Portale wie Youtube und Google+. Verzichtet Youtube für die URLs seiner Videos komplett auf sprechende Links, wird bei Google+ eine Mischform verwendet, in der die User-ID quasi-statisch innerhalb der URL eingebunden wird. Da es sich bei diesen Portalen um Trendsetter handelt, lohnt es sich, den Verzicht der sprechenden Links und die damit verbundenen Vorteile einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Sind sprechende Links also aus SEO-Sicht mittlerweile sinnlos?

Nein. Zwar haben sich wie eingangs erwähnt die Zeiten geändert. Dies gilt insbesondere für die Suchmaschinenoptimierung. Dennoch sind auch sprechende URLs aus SEO-Sicht noch nicht völlig sinnlos geworden. Es wurden lediglich die Ranking-Faktoren verändert, so dass die Nachteile sprechender Links wie z.B. Geschwindigkeits-Einbußen die Vorteile komplett aufwiegeln können. Trotzdem können sprechende Links Vorteile haben. Zum Beispiel dann, wenn der in der URL enthaltene Suchbegriff in den SERPs fett gedruckt wird und durch eine höhere Aufmerksamkeit beim Benutzer die Klickrate erhöht. Auch fließen Keywords in der URL nach wie vor mit in das Ranking ein. Allerdings ist hiervon hauptsächlich nur noch der Domainname betroffen. Alles, was nach dem Slash kommt, hat nurmehr sehr geringe Einflussfaktoren.

Vor- und Nachteile sprechender Links

Sowohl für den Einsatz als auch für den Nicht-Einsatz gibt es gute Argumente. Diese Argumente habe ich in der folgenden Tabelle einmal dargelegt:

ProContra
Sprechende Links sehen, sofern sie kurz genug sind, besser ausPerformance Einbußen: die Auflösung sprechender Links via .htaccess oder die httpd.conf kostet Zeit. Das zusätzliche Apache-Modul mod_rewrite frisst Ressourcen, gehört bei den meisten Webhostern aber mittlerweile zur Standardeinrichtung. Bei einer hohen Anzahl an Besuchern kann der zusätzlich benötigte Ressourcen-Aufwand sehr hoch sein.
Sprechende Links wirken wie ein Breadcrumb-Menü und zeigen dem Besucher, wo er sich gerade befindet resp., worum es auf der Seite gehtProbleme bei Änderung der Website-Struktur: Bei Änderungen am Verzeichnisbaum (z.B. /seo/seite1.html wird zu /tipps/seite1.html) müssen meist per Hand RewriteRule oder Redirect 301 Weiterleitungen in die .htaccess oder httpd.conf eingetragen werden, damit dies nicht zu doppeltem Content führt und auf die alte Seite zeigende Backlinks übernommen werden. Parameter-URLs bleiben immer gleich, unabhängig von der Breadcrumb-Position resp. der Position und des Pfades im Seitenbaum. Bei einer großen Anzahl von betroffenen Seiten kann dies zu einem hohen Wartungsaufwand führen.
Keywords in den sprechenden Links werden im Google Suchergebnis fett hervorgehoben, was zu einer höheren Klickrate führt.Sprechende Links können - gerade bei einer tiefen Verzeichnisstruktur - extrem lang werden. Gerade, wenn diese beispielsweise in Foren gepostet werden, sieht das sehr unschön aus. Nicht umsonst haben URL Shortener momentan Hochkonjunktur.
Sofern die sprechenden Links kurz gewählt sind (Beispiel Wikipedia), können diese zu einer besseren Benutzerfreundlichkeit führen, da der Besucher den Link direkt händisch in die Adressleiste des Browsers eingeben kann.Die Einrichtung / Individualisierung insbesondere bei großen CMS wie TYPO3 und Joomla kann sehr arbeitsaufwendig werden. Insbesondere dann, wenn viele verschiedene Extensions eingesetzt werden, für die bspw. die realurl jeweils konfiguriert werden muss (News, Blog, Forum etc.)
Sprechende Links gehören zur Gewohnheit. Portale mit Variablen-URLs sehen auf den ersten Blick daher unschön aus und man hat leicht das Gefühl, dass hier unnötig Geld gespart wurde. Diese Gewohnheit dürfte aber durch den Verzicht der sprechenden Links bei Google+, Youtube und anderen immer mehr wegfallen.Bei großen Portalen, die z.B. täglich mehrere Artikel veröffentlichen, kommt es mit der Zeit zu Überschneidungen. Dabei müssen die sprechenden Links zusätzlich mit einer ID versehen werden, um eine korrekte Zuweisung zu gewährleisten.

Wie man an den obigen Punkten gut erkennen kann, gibt es neben den Vorteilen insbesondere für große, Traffic-starke Portale erhebliche Nachteile beim Einsatz von sprechenden Links. Portale wie Google+, Youtube und andere verzichten daher auf den Einsatz von sprechenden Links. Damit schonen sie ihre Ressourcen und ihr Budget.

Wann auf sprechende Links verzichten?

Sprechende Links sind nicht per se zu verteufeln. Im Gegenteil, sie hatten und haben noch immer einen großen Nutzen. So sind z.B. Begriffe in der Wikipedia sehr leicht direkt über die URL nachschlagbar, indem das Wort direkt in die URL eingetragen wird (z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Suchmaschinenoptimierung''>Link). Das größte soziale Netzwerk Facebook führte sogar extra VanityURLs ein, mit denen Benutzerfreundlichkeit, Ästhetik und SEO verbessert werden können. Der Name sagt es schon: Hier geht es vor allem um Eitelkeit (vanity engl. = Eitelkeit). 

Verzichten sollte man auf die speaking URLs vor allem dann, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:

  • Das Portal erreicht einen sehr hohen Traffic
  • Die URL Struktur wird häufig geändert
  • Das Portal besitzt sehr viele Content-Seiten (z.B. Nachrichtenseiten)
  • Die Pfade sind sehr tief und verschachtelt, URLs werden sehr lang

Fazit

Der SEO-Aspekt sprechender Links erlebt einen starken zeitlichen Wandel. Wo es früher galt, wichtige Keywords in der URL unterzubringen, wird es heute immer wichtiger, URLs kurz und lesbar zu halten. Performance-Nachteile beim Einsatz des Apache Moduls mod_rewrite sind insbesondere bei großen Seiten nicht außer Acht zu lassen. Ebenso sollte der mit sprechenden Links einhergehende höhere Wartungsaufwand bei Änderungen an der Website-Struktur im Hinterkopf behalten werden. Die Zeit der sprechenden Links ist zwar noch nicht gänzlich vorbei, wird sich aber immer weiter verschieben. Auf die Platzierungen in den Suchmaschinen haben sprechende Links nur noch einen sehr geringen Einfluss.

Kommentare (13)

Reisenavigator schrieb am

Interessant - aber welchen Vorteil haben URL ohne "sprechende Links" - einmal eingerichtet sind die sprechenden Links echt vorteilthaft, vor allem wegen der Benutzerfreundlichkeit und der Darstellung in den SUMAs

Matthias Griesbach schrieb am

Es gibt noch einen anderen Grund dafür, warum man bei großen Portalen besser auf eine Unique_ID im URL setzt, und das ist der User Generated Content.

Bei mehreren Millionen Usern ist es doch eher wahrscheinlich, das z.B. ein gleicher Titel für einen Post, oder ein Video, verwendet wird. Da gibt es dann Probleme, diese richtig mit sprechenden Links auszuliefern.

Isabella schrieb am

Danke für den Beitrag, auch wenn wir das gerade bei Foren schon immer so angewendet haben. Lediglich bei den kleineren Seiten haben wir immer auf "sprechende Links" gesetzt, da diese einfach Benutzerfreundlich sind.

Daniel schrieb am

Die Strucktur bei G+ oder YouTube ist für mich uninteressant. Die bestimmen selber wo sie in ihrer eigenen Suchmaschine stehen. Alles andere wäre völlig naiv.

Jens schrieb am

Ein Artikel mit einem sehr interessanten Titel. Portale wie youTube oder google+ hier als Referenz bzw. Vorreiter heranzuziehen halte ich, wie Vorredner Daniel schon anmerkte, für irrelevant. Wer steckt denn bitteschön hinter diesen Anbietern? Kein Geringerer als Google selbst, und die scheren sich einen Dreck um SEO-Optimierung ihrer Plattformen, weil sie es nicht nötig haben.

Mein Fazit als Betreiber des Presseportals "Online-News-Center":
Egal wie sich die SEO Zukunft mit Blick auf sprechende urls entwickelt, für die eigene Navigation innerhalb der Seite und die der Webseitenbesucher sind sprechende Url's sinnvoller und hilfreicher. Deshalb werde ich auch weiterhin mit sprechenden urls arbeiten.

Andy schrieb am

Also meine Meinung: Google kann grundsätzlich eh machen, was es will. Und YouTube und G+ haben halt nunmal Narrenfreiheit. Daraus zu schließen, dass wir jetzt alle dringend asap wieder eine Parameter URL Struktur einführen sollten - halte ich für gewagt

Maximilian Günther schrieb am

Die sprechenden URLs haben ja theoretisch zwei Gründe, einmal, dass die User sich die merken können. Das ist ja schon der erste Quatsch, wer merkt sich schon mehr als die Domain? Dann die Suchmaschinen, die die URLs besser unterscheiden können - aber diese Weisheit ist auch schon wieder 10 Jahre, ok mindestens 5 Jahre alt. Meiner Meinung nach ist das ziemlich egal, ggf könnte die Suchmaschine einen kleinen Rankingbonus geben, wenn das Keyword in der URL vorkommt - vielleicht. Aber das kann auch schon wieder überholt sein.

Tom schrieb am

Neben den oben genannten Vorteilen bzw Gründen, sprechende links zu verwenden, sehe ich auch den Nutzen für sehbehinderte Nutzer, die sich Webseiten vorlesen lassen. Wenn die mit der Maus auf einen Link pointen, ist es doch besser das Gerät liest ihnen einen klartext vor, als die doch etwas kryptische Record-Number aus der Datenbank oder Session-ID.

Ansonsten guter Artikel. Danke.

Claudio Wolf schrieb am

Ich denk auch mal, dass das mit den sprechenden URLs ein Anachronismus ist. Google und Co können das sehr wohl unterscheiden, und nehmen auch Parameter mit.

@tom - dafür sind ja wohl eher die ALT-Attribute gedacht.

Oliver schrieb am

An die so oft zitierte Nutzerfreundlichkeit von sprechenden Links glaube ich nicht. Eine vernünftige Breadcrumb Zeile hilft m.E. den Kunden bei der Navigation mehr.

Thomas schrieb am

Nach unseren Erfahrungen und Recherchen haben Google+ und Youtube sich dazu entschlossen keine sprechenden URL's zu verwenden, da sie fremde Inhalte tragen. Sie verhindern damit einen Missbrauch und die Manipulation,, wie es früher mit den Meta Keywords möglich war.
Unserer Meinung nach haben die sprechenden URL's Vorteile, die die Nachteile bei weitem überschatten.
Was den Suchalgorithmus betrifft gehen auch unsere Beobachtungen dahin, dass sprechende und nicht sprechende URL's im Ranking kaum noch Unterschiede aufweisen. Bis bald Thomas

Frank schrieb am

Aus meiner Sicht machen sprechende URLs noch immer mehr Sinn. Vor allem bei Sozialen Netzwerken wie bei Facebook und Co erkennt man so besser was es für Seite ist auf die verlinkt wird. Zwar schützt das nicht immer aber es macht alleine schon deutlich ob es überhaupt ein Inhalt ist der mich interessiert.

Andre schrieb am

Ich schliesse mich Frank an, denn ich und auch viele anderen denke ich, orientieren sich an der URL und stellen dann fest wo sie sich aktuell befinden. Und zum Anderen verschwinden aus meiner Sicht so langsam die Breadcrumb von den Webseiten. Wie seht ihr das?

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