Wann kommt das Web 3.0 und wie sieht es aus?

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von Matthias Gläßner    6 Kommentare Webdesign

Das WEB 2.0, auch bekannt als Mitmach-Web, veränderte die Web-Landschaft grundlegend. Wie aber wird der nächste Sprung aussehen? Kann man diesen bereits aus vorhandenen Neuerungen ableiten? Wie wird das WEB 3.0 aussehen und wann wird es kommen?

Zugegeben der Title liest sich als würden wir hier im Seitenreport Blog zur Wahrsagerei übergehen und in die Zukunft schauen, was jedenfalls nach dem heutigen technischen Stand derzeit noch nicht möglich ist. Vielleicht wird es das auch nie. 

Dennoch halte ich es für legitim anhand von Entwicklungstendenzen, neuen Ideen und neuen Möglichkeiten zu überlegen, wie die nächste Weiterentwicklung des Internets, das Web 3.0 letztendlich aussehen könnte. Denn auch der Sprung vom Web der ersten Generation zum Web 2.0 war in gewisser Weise vorhersehbar. Die Menschheit war auf dem Weg, sich immer stärker zu vernetzen.

Viele Internetkenner sind heute der Ansicht, dass das kommende Web 3.0 hauptsächlich durch eine verbesserte Semantik einen neuen Meilenstein einläuten werde. Dies ist durchaus möglich. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, wie das Web 3.0 letztendlich aussehen könnte. Im folgenden möchte ich daher einmal darstellen, welche Szenarien ich für die wahrscheinlichsten halte. Letzten Endes werden sicherlich mehrere der unten stehenden Szenarien sich zu einem Gesamtszenario entwickeln, das dann als Web 3.0 bezeichnet werden wird.

 

Nativer Code im Browser

Ein großer Nachteil von Internetseiten ist deren Langsamkeit im Vergleich zu herkömmlicher Software. So ist es z.B. schwer, aufwendige Spiele mit ansprechender 3D Grafik usw. als Browserspiel zu konzeptionieren, da Interpreter-Programmiersprachen (z.B. JavaScript) für bestimmte Zwecke einfach zu langsam sind.

Sich dieser Schwäche bewusst hat Google vor kurzem in einer Vorreiter-Rolle die Möglichkeit des nativen Codes (= Maschinensprache) im Web-Browser Google Chrome eingeführt. Hierbei können fertig kompilierte Code-Blöcke übertragen werden, die sehr schnell ausgeführt werden können. Andere Browser-Hersteller dürften in kommenden Browser-Versionen nachziehen.

Für die Verwendung von Nativen Code im Browser bietet Google ein entsprechendes SDK an, das Native Client SDK.

Der Vorteil nativen Codes im Browser ist die enorme Geschwindigkeit, mit der ein solcher Code ausgeführt wird. Dadurch werden auch rechenintensive Anwendungen wie Simulationen, 3D Spiele und ähnliches möglich.

3D Websites

Spätestens seit wir uns 3D Filme im Kino ansehen können, ist die 3D Technologie in der Allgemeinheit angekommen. Da auch immer mehr Fernseher Filme dreidimensional darstellen können, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Entwicklung auch auf den Home-Computern angekommen sein wird. Was wird sich dann für Websites ändern, die im Augenblick noch 2dimensional (=flach) sind?

Sicherlich werden derzeitige CSS Standards mit 3D Tiefeninformationen erweitert, so dass die Position im Raum der Website-Objekte beliebig definiert werden kann. Dies hätte natürlich enorme Auswirkungen auf Design, Layout und Benutzerfreundlichkeit von Webseiten.

Bessere Semantik

Unter dem Sammelbegriff Semantisches Web wird seit längerem versucht, Informationen im Internet besser für Computer verwertbar zu machen. So können z.B. Beziehungen verschiedener Informationen zueinander hergestellt werden, die wiederum für ein besseres Verständnis der Maschinen für die jeweiligen Zusammenhänge sorgen. Ein Beispiel für mehr Semantik war die Suchmaschine BING, die zur Markteinführung als eine neuartige semantische Suchmaschine gepriesen wurde, die letzten Endes bessere Suchergebnisse liefern sollte. Eine bessere Semantik führt dazu, dass Informationen besser miteinander verknüpft werden können.

Weiter wachsende Vernetzung

Meiner Meinung nach wird sich die Entwicklung der immer stärkeren Vernetzung unterschiedlicher Dienste weiter fortsetzen. Bereits heute gibt es Dienste, die Daten unterschiedlicher Seiten zusammenführen und diese übersichtlich auf einer einzigen Seite zugänglich machen. Beispiele dafür sind u.a. Preis-"Suchmaschinen" wie idealo.de, aber auch Nutzerdaten-Aggregatoren wie 123people.de (das im derzeitigen Stadium nicht sonderlich gut funktioniert, aber als Beispiel dienen kann, wo die immer stärkere Vernetzung hin führen wird, wenn sie sich fortsetzt).

Durch eine bessere Vernetzung und das bessere Zugänglichmachen interner (öffentlicher) Daten dürften in Zukunft aber auch neue Portale heranwachsen, die einen größeren Mehrwert für den Benutzer schaffen als die jeweiligen Einzelportale von denen sie ihre Informationen empfangen. So wären z.B. Reiseportale möglich, die auf eine Start-Ziel Anfrage automatisch Bahnverbindungen, Flüge, Busse, Autovermietungen, Taxen prüfen und die jeweiligen Verbindungen selbst anhand ihrer Optimalität einordnen und sortieren können.

Die stärkere Vernetzung muss allerdings nicht auf Internetdienste beschränkt bleiben. Auch technische Geräte kommunizieren immer mehr mit anderen Geräten oder dem Internet.

Integration neuer Technologien

Es ist sehr gut möglich, dass das WEB 3.0 durch die Integration aller möglichen Technologien in den Web-Bereich auffallen wird. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass Technologien wie Spracherkennung und Sprachausgabe auch in den Web-Bereich Einzug erhalten und z.B. via JavaScript gesteuert werden können. Auch könnten in Zukunft Sensoren am PC über Internetseiten abgefragt werden, z.B. GPS-Positionsdaten, Bewegungs- und Lagesensoren (z.B. für Fitnessportale, die den Jogging-Rhythmus via Android-Handy überwachen) o.ä.

Ordnung aus dem Chaos, Zusammenführung von Information

Ein Problem des Internets ist es, dass Informationen sehr redundant auftauchen. So gibt es zu vielen Themen unzählige Artikel im Netz, die alle letztendlich die gleichen Informationen beinhalten. Dies ist zum Einen eine Vergeudung von Ressourcen und zum Anderen eine Vergeudung von Arbeitskraft (im Vergleich: Würdest Du zusammen mit 10.000 Menschen einen Artikel schreiben?). Natürlich gibt es auch Vorteile. So können durch die hohe Redundanz Informationen nur sehr schwer verloren gehen.

Dennoch wird wahrscheinlich irgendwann in Zukunft versucht werden, die Effizienz des Internets zu verbessern und die teilweise vergeudeten Ressourcen anderweitig sinnvoller zu nutzen. Was würde sich dann ändern?

Künstliche Systeme werden immer besser darin, die menschliche Sprache in Wort und Schrift zu verstehen. Insbesondere die künstliche hat hier in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Es ist daher davon auszugehen, dass intelligente Systeme in Zukunft die Informationen verschiedener Websites noch besser zusammenführen und aus diesen eigene zusammenfassende Artikel erstellen können, in den alle ursprünglichen Informationen enthalten sind. So wie wir heute bei Google nach Webseiten suchen, würden wir in Zukunft direkt nach Informationen suchen - ohne Umwege auf die jeweilige Website. Informationen würden zusammengeführt, das Chaos geordnet. Suchmaschinenoptimierung (SEO) im heutigen Sinne wäre dann bedeutungslos.

Ab wann befinden wir uns im Web 3.0 ?

Der Übergang ist natürlich fließend. Auch der Übergang vom Web der ersten Generation zum Web 2.0 vollzog sich unmerklich und wurde erst im Nachhinein als solcher überhaupt bezeichnet. Auch vor dem Web 2.0 gab es z.B. bereits Websites, die AJAX-Technologie einsetzten oder ihren Benutzern rege Mitmachmöglichkeiten baten.

Die eigentliche Innovation vollzog sich, als die breite Masse von Internetseiten dem nachzog und jene neuen Features integrierte. Ab wann wir uns also tatsächlich im Web 3.0 ist pauschal schwer zu beantworten. Meiner Meinung nach können wir den Zeitpunkt als Beginn des Web 3.0 Zeitalters ansehen, ab dem große Firmen anfangen Teile oben dargestellter neuer Technologien in ihre Websites zu integrieren und damit eine breite Masse erreichen. Dies geht natürlich nicht von heute auf morgen und es wird auch einige Zeit dauern, bis das so entstehende neue Internet tatsächlich als Web der dritten Generation bezeichnet werden kann.

Fazit

Das Web 3.0 steht bereits vor der Tür. Viele Neuerungen, die wir heutzutage noch gar nicht als so bedeutend erachten, können das Web in Zukunft entscheidend verändern. Es ist daher wichtig, schon jetzt zu wissen, wohin die Reise gehen wird, wenn man im Netz erfolgreich sein möchte.


Illustrationen: istockphoto® / SilverV

Wie wird das WEB 3.0 eurer Meinung nach aussehen? Was wird sich im Vergleich zum heutigen Internet ändern?

Kommentare (6)

Ralph schrieb am

Guter Artikel Matthias,

VIELEN DANK - da sind einige überlegenswere Ideen enthalten und auch ungewöhnliche Perspektiven!

Allerdings kriege ich, wenn ich an Web 3.0 denke da schon irgendwie etwas Sorge, wie weit das alles gehen kann! Aber ggf. binich ja nur etwas übervorsichtig.

http://www.youtube.com/watch?v=VJ0gBVd0HZs

Beste Grüße
Ralph

Fatih schrieb am

Guter Artikel,
möchte dich auch in diesem Zusammenhang über unsere Tätigkeiten in dieser Richtung aufmerksamm machen..
www.weboverweb.de

pinkman schrieb am

Ich bin mal gespannt wie weit sich diese "Wahrsagung" am Ende bestätigen wird. Vermutlich wird dies alles noch fantastischer aber man sollte den sorgenvollen Blick nicht vergessen.

Kolumbien Fan schrieb am

Die Angst ist bei den meisten Leuten dann doch größer als die Vorfreude. Das Web 2.0 brachte für sämtliche Personen die Online Ihr Geld verdienen eine Menge neue Arbeit. Das Web 3.0 könnte das ganze nochmal toppen. Ich bin gespannt wie die Entwicklung voranschreitet.

Ulrich Zoeger schrieb am

Web 3.0 ist wahrscheinlich doch nur dafür gedacht, die Technologie aus dem Web 2.0 als überholt zu klassifizieren und neue Softwareprodukte verkaufen zu können. Wie schon mein Vorredner richtig sagte, wird das für die meisten mit viel Aufwand und Arbeit verbunden sein. Was immer da auch kommen mag ...

Szabolcs Cseh schrieb am

Einer der großen Neuerung in den letzten Jahren für mich ist die, dass immer mehr Webapplikationen ihre Logik auf den Client (auf dem Browser) ansiedeln, d.h. es wird nur noch eine HTML-Seite übertragen. Bei jedem Click werden dann nur noch Daten im JSON-Format zum Browser geschickt, und dort das HTML per JavaScript erzeugt (clientseitiges Templating). Es gibt bereits zahlreiche Frameworks wie AngularJS oder JavaScriptMVC die das wunderbar unterstützen.

Das ermöglicht völlig neue Möglichkeiten, da es keine komplet neuen Seitenrequest mehr gibt und sich gezielte Ihalte in "Echtzeit" ändern. Für Desktop optimierte Websites hält man sich noch zurück, aber für Mobile ist das schon bereits Standard. Ist das schon so eine Art Web 3.0 oder eher noch Web 2.1 ? Die Technologie ist zwar nicht neu, aber dennoch: Eine klassische Auslieferung von HTML-Seiten (wie es noch "üblich" ist), gibt es mit diesem System nicht mehr.

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